Dieser Gedanke beschäftigt mich schon eine Weile. Aus eigener Erfahrung und dem Rückblick bzw. dem Vergleich von mir selbst mit anderen aber aus den Erfahrungen aus meiner Arbeit als Gründungscoach kann ich diese Hypothese bestätigen. Ja definitiv: Frauen gehen anders an eine Gründung und an ihr Business heran.

Aber was genau heißt anders?

Damit sind wir sofort mittendrin und die Gedanken überschlagen sich. Und gleichzeitig wird es schon fast ein bisschen knifflig, denn es ist nicht ganz leicht die subjektiv wahrgenommenen bzw. empfundenen Unterschiede in Worte zu fassen. Ich habe ein Gefühl in mir, was dieses „anders“ für mich bedeutet, aber Worte? Das zu beschreiben, wird eine Herausforderung.

Allen voran – „anders“ ist ohne Wertung. Es bedeutet nicht, dass sie es besser oder schlechter machen.

Um diesen Gedanken auf den Grund zu gehen, bin ich geneigt google anzuschmeißen und erstmal eine Runde zu recherchieren. Zu schauen, was sagen denn Andere dazu usw. Das ist der einfache und schnelle Weg, anstatt selbst zu denken und mich anzustrengen. Ich bin mir sicher, dass es einige Artikel und vielleicht auch Studien hierzu gibt. Es wäre leicht, auf diese Weise die Gedanken neu zu verknüpfen und in ähnlicher Weise wiederzugeben. Aber meine Motivation ist eine andere. Ich will vielmehr genau dieses Gefühl greifen und verstehen, welches mich umtreibt, mich antreibt, mich erfüllt und gleichzeitig manches Mal verzweifeln lässt. Denn ich möchte eine Brücke zu anderen Gründerinnen bauen und uns allen zeigen, dass wir nicht allein sind. Auch wenn wir oft empfinden, die Einzige zu sein, die so „anders“ ist und dieses anders dann viel zu schnell als „falsch“ interpretieren. Ich möchte Mut machen und die Tür aufstoßen zu einem neuen Selbstvertrauen.

Worin liegt also der Unterschied?

Was ich beobachte ist, dass Frauen meistens aus einem persönlichen Bedarf oder einer besonderen Situation heraus gründen. Sei es, dass sie ein Problem erkannt haben, unter dem sie selbst leiden bzw. zu dem sie einen persönlichen Bezug haben und für das sie sich eine Lösung überlegt haben. Oder sie selbst stehen vor einer Herausforderung, für die die Gründung den Ausweg bietet. Dabei kann es auch um Fragen der Vereinbarkeit, die Sicherung der finanziellen Existenz oder die eingeschränkten Chancen am Arbeitsmarkt gehen.

Die Gründe sind vielfältig, doch selten ist es eine spontane Entscheidung. Meist hegen sie schon sehr lange den Gedanken und haben sich nur noch nicht getraut. Denn Frauen sind so viel kritischer mit sich und ihren Ideen. (Und ja – ich weiß, wovon ich da spreche.) Dazu kommen oft Selbstzweifel und die Angst nicht gut genug zu sein oder es falsch zu machen, die sie lange zögern lassen. Doch wenn dann ein auslösendes Ereignis, bspw. eine Veränderung der Lebenssituation dazu kommt, fassen sie sich ein Herz und finden den nötigen Mut. Oft braucht es noch einen kleinen Anstupser von Außen.

Im Wesentlichen zwei Motive für die Gründung

In meiner Arbeit als Coach und Beraterin begegnen mir vor allem 2 Motive für die Gründung. Eines der größten Motive ist das Thema Sinn und Berufung. Viele Frauen suchen mehr Sinn und Selbstwirksamkeit. Sie suchen ihre Berufung oder haben sie gefunden. Sie wollen ihrem Leben einen tieferen Sinn geben bzw. mit ihrem Tun die Welt zu einem besseren Ort machen. Und ich habe das Gefühl, dass dieses Motiv stetig zunimmt und immer öfter als Antreiber fungiert. Und dabei geht es nicht um egoistische Ziele oder einzig die primäre Verbesserung des persönlichen Lebens, sondern ganz oft auch um eine Verbesserung für andere Menschen, die als Antreiber wirkt. Zum Glück gibt es immer mehr großartige Vorbilder, die uns inspirieren und zeigen, dass es eben auch anders geht.

Daneben sehe ich die flexiblere Lebensgestaltung bzw. der Aspekt der Vereinbarkeit als zweit häufigstes Motiv für die Gründung. Die starren Rahmenbedingungen des Angestelltendaseins wirken oft hinderlich, so dass die Selbständigkeit und damit einhergehend auch die Selbstbestimmung an Attraktivität gewinnen bzw. als tatsächliche Alternative in den Fokus rücken. Der Wunsch nach Unabhängigkeit und die Flexibilität in Bezug auf die private Situation spielen hierbei oft eine große Rolle. Die große Herausforderung bei diesen verschiedenen Rollen und Anforderungen ist jedoch, dass die Zeit einer der größten Engpässe ist. Frauen, die in der Situation rund um die Vereinbarkeit mit der Familie gründen, haben begrenzte Zeitfenster, die sie oft sehr fokussiert nutzen. Doch manches Mal reichen diese Fenster nicht aus, womit das Thema Zeitmanagement eine große Bedeutung bekommt. Wenn dann noch der Perfektionsanspruch dazukommt, ist der innere Konflikt schon vorprogrammiert.

Aber zurück: Meistens spüren Frauen die Sehnsucht nach mehr Freiheit und Selbstbestimmung schon sehr lange in sich aber der Konflikt zum Sicherheitsbedürfnis ist hier oft enorm. Ein innerer Zwiespalt, den diese Frauen oft lange mit sich rumtragen, bevor sie den Mut aufbringen und eine Entscheidung treffen. Sie schwanken zwischen Herz und Kopf hin und her.

Ruhm und Reichtum? …eher nicht

Die wenigsten Frauen gründen mit dem Ziel des ökonomischen Erfolgs. Es sind selten bahnbrechende, revolutionäre Geschäftsideen oder total innovative Ansätze. Frauen sind weniger getrieben von dem Wunsch „reich“ oder „berühmt“ zu werden. Die Selbständigkeit bietet ihnen vielmehr die Möglichkeit ein gutes Auskommen zu haben, unabhängig und flexibel zu sein bzw. etwas Sinnvolles zu tun, was ihnen Freude macht.

Ich stelle fest, dass Frauen oft „leiser“ gründen. Ihre Geschäftsideen lassen sich auch im Kleinen verwirklichen bzw. starten. Oft spielen die Flexibilität und der Wunsch nach Unabhängigkeit und der Verwirklichung eigener Gedanken eine bedeutende Rolle, weshalb seltener Investoren oder Geschäftspartner hinzugezogen werden.

So kommt es auch, dass Frauen, die sich selbständig machen bevorzugt Geschäftsmodelle mit möglichst geringem Kapitalbedarf entwickeln und zunächst lieber klein anfangen. Immer öfter bedeutet das zunächst die Gründung im Nebenerwerb oder den Einstieg als Freelancerin. Prestige und der Aufbau einer eigenen Marke spielen zu Beginn eine nachrangige Rolle und stehen von ihrer Bedeutung bei vielen Gründerinnen eher im Hintergrund.

Was mir noch auffällt?

Wenn es nicht um eine klassische Einzelunternehmertätigkeit geht, gründen Frauen auch sehr gerne im Team. Wenn sich die Möglichkeit ergibt, tun sie sich gerne mit anderen Gleichgesinnten zusammen und treiben die Idee gemeinsam voran. Das Miteinander, der Austausch und die sich ergänzenden Kompetenzen spielen hierbei eine Rolle.

Und da wären wir auch gleich schon beim nächsten Punkt. Gründerinnen und selbständige Unternehmerinnen machen sehr viele Dinge selbst, weit über die eigentliche Gründungsphase hinaus. Sie wissen einerseits, wo sie sich Hilfe holen müssen und machen das auch aber sie sind sich andererseits für nichts zu Schade und machen daher unheimlich viel selbst, statt Entlastung hinzuzuholen oder „unschöne“ Aufgaben zu delegieren.

Und ein ganz großer Aspekt, der mir bei selbständigen Frauen immer wieder auffällt und das wird ein Thema sein, welches ich sicher noch aufgreifen werde: Frauen haben gaaaanz oft den Glaubenssatz „Mit Zahlen hab ich es nicht so“. Das ist eine echte Herausforderung, um eine erfolgreiche Unternehmerin zu werden. Denn daraus ergibt sich unter Umständen eine große Blockade für den ganzen finanziellen und steuerlichen Aspekt, den ein Business einfach auch mit sich bringt.

Wie sieht es bei mir aus?

Im Austausch mit einer befreundeten Unternehmerin haben wir auch darüber gesprochen, warum wir gegründet haben und was unser Antrieb war, um selbständig zu werden. Diese Gespräche sind für mich pure Energie. Kennt ihr solche Menschen bzw. Situationen? Wir ticken sehr ähnlich und sprühen vor Begeisterung. So gibt ein Wort das nächste und es entsteht eine Mischung aus Geschichten, Reflektionen, Gedanken, Fragen, konstruktiven Impulsen, Fachsimpelei und gegenseitigem Empowerment. Wenn ich mit ihr spreche, fühle ich mich „normal“. Ich merke, dass ich nicht allein bin, mit meinen Gedanken und meiner Herangehensweise. Sie spricht mir aus der Seele, findet Worte für das was ich fühle und es fühlt sich an, wie nach Hause zu kommen.

Was also hat uns motiviert, den Schritt in die Selbständigkeit zu wagen?

Zum einen, die eigene Idee zu verwirklichen, unsere ganz eigene Art zum Ausdruck bringen aber eben auch Dinge anders zu machen, als wir es in Unternehmen vorgefunden habe. Dinge besser zu machen, als unsere alten Chefs, anders mit Menschen umzugehen, andere Werte zu leben, andere Entscheidungen zu treffen. Unseren ganz eigenen Lebensweg zu finden, Arbeit und Leben kombinieren zu können, unsere Zeit sinnvoll zu nutzen, Veränderung anzustoßen und zu bewirken, ja sogar die Veränderung zu sein, zu leben. Aber auch wir haben gezögert und sind zunächst andere Wege gegangen. Heute ist Unternehmertum für uns eine Möglichkeit, unserer Kreativität Ausdruck zu verleihen. Wir können Ideen einbringen, Dinge entwickeln und Neues erschaffen. Gleichzeitig ist es eine große Spielwiese und bietet unfassbar viel Potenzial für Wachstum. Es fordert uns regelrecht heraus, immer wieder neue Stufen zu erklimmen, von deren Existenz wir zuvor nicht einmal wussten. Aber wie so oft sind wir uns einig – wir wollen es nicht anders. Unternehmerin zu sein ist für uns höchst kraftvoll und sinnstiftend.

  • Wie geht es Dir?
  • Was treibt Dich an?
  • Was hat Dich motiviert dich selbständig zu machen bzw. welche Gedanken gehen Dir durch den Kopf und lassen dich noch zögern?
  • Hast Du auch schonmal das Gefühl gehabt, „anders“ zu sein?

 

 Ein kleiner Disclaimer zum Schluss:

Es gibt in all diesen Fragen keine allgemeingültige, geschweige denn pauschale Antwort. Es ist im Einzelfall ganz individuell – und das ist gut so! Es gibt wie überall „Solche“ und „Solche“. Und das sowohl unter Frauen als auch unter Männern. Dieser Artikel dient daher nicht wissenschaftlichen Zwecken, sondern stellt vielmehr eine subjektive Betrachtung, eine Momentaufnahme dar und zeigt im besten Fall erkennbare Trends bzw. Tendenzen auf, die aber im Einzelfall sehr unterschiedlich sein können. Und ist es richtig, diese geschlechterspezifische Unterscheidung vorzunehmen? Bestärken wir damit nicht noch Stereotype? Ja und Nein. Es geht mir nicht darum zu sagen, ob das eine oder andere besser ist. Wir brauchen beide, aber jeder sollte seine eigene Art finden. Mein Artikel dient vielmehr dem Zweck, Frauen emotional abzuholen und aufzuzeigen, dass sie nicht „falsch“ sind, wenn sie feststellen, dass sie es eigentlich anders machen wollen. Ich möchte Dinge bewusst machen, diese feinen Unterschiede ansprechen, damit wir vom Einheitsbrei wegkommen und in möglichst allen Bereichen eine differenziertere Betrachtung möglich wird. Dies ist sicher nur ein erster kleiner Schritt, aber vielleicht immerhin ein Anfang.

 

 

Andrea Temme

Andrea Temme

Strategieberaterin, Unternehmerin, Coach

Andrea ist vom Unternehmertum begeistert. Es ist kein Job sondern eine Lebenseinstellung. Die Freiheit, die Kreativität und der hohe Wirkungsgrad sind nur einige Aspekte, die sie begeistern. So ist sie einerseits selbst als Unternehmerin aktiv und begleitet andererseits Unternehmerinnen als Strategieberaterin und (Gründungs-) Coach.

 

www.strategie-mentoring.de

 

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